Weite Teile Ostdeutschlands müssen inzwischen als gesichert rechtsextrem ­eingestuft werden

Rückkehr nach Weimar

Nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen kann neben der AfD als Partei auch ein erheblicher Teil der Ostdeutschen als gesichert rechtsextrem eingestuft werden. Was dieser Befund für die politische Analyse des Ostens bedeutet und welche Wege in die Zivilisation führen könnten.

»Ich sehe No-go-Areas vornehmlich im Osten Deutschlands.« Obwohl der damalige Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye (SPD) 2006 damit lediglich aussprach, was viele von rechter Gewalt Bedrohte bereits wussten, sorgte seine Aussage damals für Empörung.

Das Prinzip ist heute ähnlich: Anstatt die ostdeutschen Zustände zu skandalisieren, warnen Medien umgekehrt vor einer pauschalen »Ossi-Schelte«. Die These, die AfD sei »die Rache des Ostens« (wie der Theaterregisseur Frank Castorf meinte) für ihre historische Übervorteilung nach 1990, steht dabei stellvertretend für einen beschönigende Sichtweise, die selbst die Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen noch als Ausdruck einer lebendigen Demokratie begreift.

Die Angst der Politiker vor ihren antidemokratisch eingestellten Wählern führt dazu, politische Strategien an irrationalen Wünschen auszurichten.

Zehn Jahre nach Heyes Warnung erschien in Deutschland »Rückkehr nach Reims«. Der Autor Didier Eribon versucht darin, die Motive derjenigen zu verstehen, die rechts wählen. Die Arbeiterklasse, so die Erklärung, sei schon immer autoritär eingestellt gewesen, weshalb es nicht verwundere, dass sie sich den Rechten zuwandten, nachdem die Linken sie im Stich gelassen hatten. Die großen Erzählungen von Solidarität, Aufstiegsversprechen und Internationalität ziehen nicht mehr und damit fehlen kulturelle wie alltägliche Orientierung.

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