Alexander Carstiuc und Andrea Reinhardt von der Kneipe ­Bajszel im Gespräch über antisemitische Graffiti

»Die roten Dreiecke sind ein Versuch, uns einzuschüchtern«

Die Programmschänke Bajszel ist einer der wenigen Orte in Neukölln, an denen antisemitismuskritische Veranstaltungen stattfinden. Vorige Woche wurden zum zweiten Mal rote Dreiecke an die Kneipe gemalt, wie sie die Hamas zur Markierung ihrer Ziele am 7. Oktober benutzt hat. Das rote Dreieck ist inzwischen zum Symbol der antisemitischen Bewegung gegen Israel geworden. Die »Jungle World« sprach mit Alexander Carstiuc und Andrea Reinhardt vom Bajszel.

Welche Absicht steckt Ihrer Meinung nach hinter den jüngsten Graffiti?
Andrea Reinhardt: Die roten Dreiecke werten wir als dezidierten Versuch, uns einzuschüchtern, damit wir unser Programm ändern und damit unsere politische Haltung verstecken, die wir als Betreiberinnen und Betreiber vertreten. Die Dreiecke sind im ganzen Kiez aufgetaucht. Die Leute, die das machen, schmeißen völlig gedankenlos mit diesem Symbol herum, es scheint den Tätern völlig egal zu sein, was dieses Zeichen für eine Bedeutung für viele Menschen hat, dass es für Jüdinnen und Juden als Todesdrohung zu verstehen ist. Wir werden uns aber auf keinen Fall von solchen antisemitischen Provokationen einschüchtern lassen.

Gab es vorher schon direkte Auseinandersetzungen mit antiisraelischen Aktivist:innen?
Alexander Carstiuc: Solche Konfrontationen gab es bereits vor dem 7. Oktober. Zum Beispiel wurde eine Veranstaltung zur Geschichte der Staatsgründung Israels 1948 gestört.

Wie gehen Sie damit um?
AC: Wir haben uns von Anfang an entschieden, offensiv mit der Situation umzugehen. Wir sprechen offen über die Angriffe, weil wir denken, dass es sinnvoll ist, möglichst viele Leute in den Laden zu kriegen, um so potentiellen Feinden und Störern zu zeigen, dass viele Leute hinter einem stehen.

Erfahren Sie Solidarität?
AC: Wir erfahren sehr viel Solidarität, viele Leute unterstützen uns; nicht nur Gäste, auch Institutionen. Es ist gut zu sehen, dass es auch oft Gäste sind, die bei Provokationen einschreiten, sich verantwortlich fühlen und auf ­einander Acht geben. Um einen guten Freund zu zitieren: Es ist sehr einfach, mit einer Kneipe solidarisch zu sein: Kommt vorbei und trinkt was.
AR: Bajszelt euch einen!
AC: Darüber hinaus kann man bei uns problemlos Diskussionsveranstaltungen, Lesungen, Soli-Partys und Treffen durchführen. Nur kommen müssen die Leute selbst.

Inzwischen zum Symbol der antisemitischen Bewegung gegen Israel geworden: das rote Dreieck

Inzwischen zum Symbol der antisemitischen Bewegung gegen Israel geworden: das rote Dreieck

Bild:
Bajszel