Diven, Daddies, Dollars
Die Geschichte des Film Noir kennt vermutlich keine schlechter gelaunte Femme fatale als die platinblonde Betty (Beverly Michaels). Bei ihrem ersten Auftritt in »Pickup« (1951) sitzt sie mit zu Tode gelangweiltem Blick kaugummikauend auf einem Karussellpferdchen, an ihre langen, aufreizend übereinandergeschlagenen Beine heften sich gierige Blicke – und mit ihnen die der Kamera. Aus Mangel an Geld, einer festen Bleibe und besseren Ideen bringt die junge Frau den leicht knurrigen Witwer Hunky dazu, sie zu heiraten.
Die Ehe erweist sich für beide als Gefängnis. Der pflichtbewusste Eisenbahningenieur erleidet einen vermutlich psychisch bedingten plötzlichen Hörverlust, was Ehefrau Betty dazu verführt, ihm die gemeinsten Dinge direkt ins Gesicht zu sagen. Betty erscheint das trostlose Leben im Haus an den Schienen bald so unerträglich, dass sie ihren Liebhaber zum Mord an ihrem Ehemann anstiftet. Auch wenn die Zeichen ganz auf dramatische Zuspitzung stehen, darf die Femme fatale am Ende mit ausgestreckter Zunge ihrem alten Leben den Rücken kehren.
In den fünfziger Jahren begann Columbia eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Regisseuren, die ihre Wurzeln im Theater hatten und einen psychologischen Schauspielstil ins Kino importierten.
In der Retrospektive »The Lady with the Torch« gehörte der Film zu den zahlreichen Entdeckungen. Aus Anlass des 100. Geburtstags von Columbia Pictures hat sich die historische Sektion des Locarno Film Festivals eine Neubetrachtung der zwischen 1929 bis 1959 entstandenen Arbeiten vorgenommen. Dabei ist »Pickup« als eine von etlichen Variationen von »The Postman Always Rings Twice« (1946) auf den ersten Blick weder originell noch streng genommen ein »echter« Columbia-Film.
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