Der Historiker Shujun Wang hat für den chinesischen Geheimdienst Dissidenten ausspioniert

Der Pseudodissident

Der chinesisch-amerikanische Historiker Shujun Wang soll mit dem chinesischen Regime mehr Sympathie gehegt haben, als er öffentlich zugegeben hatte: Am Dienstag voriger Woche befand das Bundesgericht in Brooklyn den 75jährigen für schuldig, als Agent für den chinesischen Geheimdienst Dissidenten ausspioniert zu haben.

Wer sich in China für Demokratisierung einsetzt, lebt gefährlich. Dissidenten aus der Volksrepublik versuchen daher oftmals im Ausland, Regimekritiker zu Aktivitäten zu bewegen. So schien es auch bei dem chinesisch-amerikanischen Historiker Shujun Wang der Fall gewesen zu sein; Mitgründer der regimekritischen Hu Yaobang Zhao Ziyang Memorial Foundation, die in den USA an den Aufstand und das Massaker auf dem Tiananmen-Platz 1989 erinnert und sich für Meinungsfreiheit in China einsetzt.

»Die Anklage hätte die Handlung eines Spionageromans sein können, aber die Beweise sind schockierend real.« Breon Peace, New Yorker Staatsanwalt

Doch Wang soll mit dem chinesischen Regime mehr Sympathie gehegt haben, als er öffentlich zugegeben hatte: Am Dienstag voriger Woche befand das Bundesgericht in Brooklyn den 75jährigen für schuldig, als Agent für den chinesischen Geheimdienst Dissidenten ausspioniert zu haben.

Wang war bereits 2022 zusammen mit vier Mitgliedern des chinesischen Ministeriums für Staatssicherheit angeklagt worden, die sich allerdings in China aufhalten. Wang drohen nun bis zu 25 Jahre Haft.

»Die Anklage hätte die Handlung eines Spionageromans sein können, aber die Beweise sind schockierend real«, sagte Breon Peace, der US-Staatsanwalt für den östlichen Bezirk von New York City, vorige Woche in einer Erklärung. »Wang war bereit, diejenigen zu verraten, die ihn respektierten und ihm vertrauten.« Bereits 2006, im Jahr der Gründung der Organisation, habe Wang begonnen, Informationen über seine vermeintlichen Mitstreiter an die chinesischen Behörden zu verraten.

Vertrauliche Informationen weitergegeben

So belegte die Staatsanwaltschaft, dass Wang 2016 nach einem Telefonat mit dem ehemaligen Vorsitzenden der »Hongkonger Allianz zur Unterstützung patriotischer demokratischer Bewegungen« vertrauliche Informationen an chinesische Beamte weitergegeben hatte, was wenig später zu dessen Verhaftung führte.

In den Folgejahren bestritt Wang in Befragungen des FBI mehrfach, Kontakt zu chinesischen Geheimdienstlern gepflegt zu haben. 2021 gab er schließlich gegenüber dem FBI zu, chinesische Beamte mit Informationen versorgt zu haben. Seine Anwälte bestritten dennoch, dass Wang »in böser Absicht« oder gar als Agent gehandelt habe. Er sei schlicht ein Mann gewesen, der mit »jedem sprach, der zuhören wollte«.