Zum 100. Geburtstag des Widerstandskämpfers und Überlebenden Rudolf Vrba

Ein Heranwachsender warnte die Welt

Vor 100 Jahren wurde Rudolf Vrba unter seinem bürgerlichen Namen Walter Rosenberg in der Tschechoslowakei geboren. Vrba war 19 Jahre alt, als ihm und seinem Mithäftling Alfréd Wetzler im April 1944 die schier unmögliche Flucht aus dem Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau gelang. Ihnen verdankt die Weltöffentlichkeit einen der ersten Berichte über den Massenmord an den Juden. Die Genauigkeit, mit der die Überlebenden die Architektur und die Methodik der Mordfabrik schilderten, ließ keinen Zweifel an der Authentizität ihrer Aussagen zu.

Schon als Jugendlicher schloss sich der aus einer jüdisch-slowakischen Familie stammende Rudolf Vrba einer antifaschistischen Widerstandsgruppe an. Das Gymnasium in Bratislava hatte er im Alter von 15 Jahren wegen der antijüdischen Gesetze des 1941 erlassenen »Judenkodex« verlassen müssen. Im Juni 1942, als die Massendeportationen in die Konzentrationslager in vollen Gang gekommen waren, wollte Vrba nach England fliehen, um sich dort einer Truppe tschechischer Exilkämpfer anzuschließen. Es gelang ihm nicht, er wurde verhaftet und zuerst in das Lager Nováky, dann nach Majdanek und zwei Wochen darauf nach Auschwitz deportiert. Dort wurde er für die Arbeit auf dem I. G.-Farben-Gelände in Auschwitz abkommandiert. 1943/44 organisierte er mehrere kleine Widerstandsaktionen und bereitete zusammen mit weiteren Häftlingen einen Ausbruch vor, der ihm mit Alfréd Wetzler im April 1944 auch gelang. Ihm, der nach der Flucht seinen bürgerlichen Namen Walter Rosenberg für immer ablegt, verdankt die Welt die detaillierte Beschreibung der im Aufbau befind­lichen Buna-Fabrikation in Auschwitz, eines Chemiewerks der I. G. Farben, der Interessengemeinschaft Farbenindustrie.

Vrba tat, was er konnte: Nach seinem Ausbruch aus dem Lager schloss er sich erneut den Partisanen an und nahm am slowakischen Nationalaufstand gegen die deutsche Besatzung teil.

Später verfasste Vrba die unbedingt lesenswerten Erinnerungen an seine Flucht aus Auschwitz, die 1963 unter dem Titel »I Cannot Forgive« erstmals in Buchform erschienen sind. Eine erste deutsche Übersetzung wurde 1964 veröffentlicht, fand aber kaum Beachtung. 2010 erschien eine Neuübersetzung mit einem Vorwort von Beate Klarsfeld. Vrbas Buch basiert auf einer Serie von Artikeln, die er zusammen mit einem Journalisten für die Londoner Zeitung Daily Her­ald verfasst hatte. Sie erschienen vor Beginn des Eichmann-Prozesses.

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