Der Reichsbürgeranführer Peter Fitzek steht mal wieder vor Gericht

Majestätische Adlerperspektive

Der Monarch von eigenen Gnaden, Peter Fitzek, steht mal wieder vor Gericht. Der Anführer der wohl größten Reichsbürgersekte Deutschlands war in erster Instanz wegen Körperverletzung zu acht Monaten Gefängnis verurteilt worden und in Berufung gegangen.

Es scheint nicht gut bestellt zu sein um den Phantasiestaat Königreich Deutschland (KRD). Nach einer großangelegten Razzia im vergangenen Jahr wegen illegaler Finanzgeschäfte muss sich der selbsternannte Monarch Peter Fitzek derzeit in einem Berufungsverfahren vor dem Landgericht Dessau-Roßlau wegen Körperverletzung und Beleidigung verantworten. Fitzek – er selbst nennt sich Peter I. – soll im Wittenberger Landratsamt eine Frau getreten und geschlagen und Bundeswehrsoldaten, die der Frau helfen wollten, als »Faschistenschweine« beschimpft haben.

Fitzeks Verteidiger Frank Hannig sprach seinen Mandanten konsequent als »Eure Majestät« und »Seine Hoheit« an.

In erster Instanz wurde Fitzek im Juli vergangenen Jahres zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Schon bei der damaligen Verhandlung, bei der Fitzek mit einer Discountertüte voller Akten vor dem Wittenberger Amtsgericht aufkreuzte, war seine monarchische Inszenierung brüchig – so changierte er, wenn er von sich selbst sprach, zwischen dem pluralis maiestatis und dem ordinären »ich«. Das tat er auch in einem Video, in dem er später ankündigte, sich gegen das Urteil eines »kleinen Amtsrichters« zur Wehr zu setzen.

Beim derzeitigen Revisionsprozess nutzte Fitzek den Gerichtssaal in Dessau vor allem als Bühne, um sein Weltbild darzulegen. Beim ersten Verhandlungstag Ende Juli erklärte Fitzek in einem mehrstündigen Monolog, weshalb ein deutsches Gericht ihn als Staatsoberhaupt gar nicht verurteilen könne: Er berief sich auf die von ihm entworfene Schöpfungslehre und den »göttlichen Plan«, den er verwirkliche. Auf das Verfahren lasse er sich nur ein, um die Souveränität des KRD gerichtlich feststellen zu lassen.

»Coaching« für den »Systemausstieg«

Vertreten wurde er nicht nur von einem Pflichtverteidiger, sondern auch von Frank Hannig, der seit 2022 keine Zulassung als Anwalt mehr besitzt. Zuvor hat er eine illustre Liste von Mandanten aus dem extrem rechten Mi­lieu vor Gericht vertreten, unter anderem Stephan E., der 2019 den CDU-Politiker Walter Lübcke erschossen hatte. Auf seiner Website bietet Hannig »Coaching« für den »Systemausstieg« an.

Auch Hannig betrachtete den Gerichtssaal vor allem als Bühne und verhielt sich, als spiele er eine Rolle in einer Gerichtsshow. Mit seinem effekthascherischen Vorgehen sorgte er bereits im Verfahren gegen den Mörder Lübckes für Kopfschütteln bei seinen Kollegen. Damals kommentierte er neue Wendungen im Prozess in You­tube-Videos und auf verschiedenen Social-Media-Kanälen. Hannig selbst bezeichnet das als »Litigation-PR« – also strategische Öffentlichkeitsarbeit im Rechtsstreit.

Seinen Mandanten sprach er konsequent als »Eure Majestät« und »Seine Hoheit« an und beruhigte den aufgebrachten König auch mit Sätzen wie: »Ihr habt doch Eure eigenen Verfassung geschrieben, weil Ihr mit der jetzigen unzufrieden seid.« In einem besonders absurden Moment versuchte Hannig, dem Richter zu erklären, dass Fitzeks Ausführungen nur im ersten Moment absurd wirkten, weil er alles »aus der Adlerperspektive« betrachte und daher »alles gleichzeitig« wahrnehme.

Jeder Verhandlungstag mit ausgiebigen Blogbeiträgen begleitet

Die »Erklärung zu den Zeugenaussagen und weitere Erklärung zu dem Gesamtgeschehen«, die Fitzek daraufhin verlesen wollte, gab einen kleinen Einblick, wie die Welt aus seiner Adlerperspektive aussieht. Es begann mit dem juristisch wohl eher ungewöhnlichen Argument, dass Videoaufnahmen vor Gericht erlaubt sein müssten, andernfalls handle es sich um ein Privatgericht. In dem Fall wäre der Richter persönlich haftbar, weshalb er – der Richter – sofort seine Versicherungsnummer herausrücken müsse.

So ähnlich wäre es dann weitergegangen, doch der Vorsitzende Richter verbot es, den Text komplett vorzutragen – das 47seitige Dokument lässt sich auf der Homepage des Königreichs nachlesen. Hannig nahm dies zum Anlass, einen Befangenheitsantrag gegen den Richter zu stellen, was er vergangene Woche beim vierten Verhandlungstag erneut versuchte.

Der Prozess wird am 16. September fortgesetzt. Auf der Website des KRD wurde bislang jeder Verhandlungstag mit ausgiebigen Blogbeiträgen begleitet. »Heute wurde wieder eine Schlacht im Krieg gegen den Gemeinwohlstaat Königreich Deutschland (KRD) geschlagen«, heißt es in einem.

Das »Kartell der Satanisten, welches im Anschein von Recht(s)staat das weitere Aufkommen von Freiheit verhindern« wolle, fürchte »das Ende der Schuld- und Zinssklaverei und der satanischen Agenda«.

Peter Fitzek kommt schon seit Jahren immer wieder in Konflikt mit dem Gesetz, etwa weil er ohne Führerschein – beziehungsweise mit seinen eigenen Phantasiedokumenten – Auto fuhr. Das Impressum der Homepage des Königreichs verweist inzwischen nicht mehr auf die fiktive Adresse Petersplatz 1 in Wittenberg, sondern nur noch auf ein Postfach.

Im Mai wurde einem von Fitzeks Anhängern gerichtlich untersagt, im Impressum eine solche Adresse am Petersplatz in Wittenberg anzugeben und als Aufsichtsbehörde das Königreich Deutschland aufzuführen. Ebenfalls wurde ihm verboten, seine Leistungen mit dem Hinweis anzubieten, dass man als Kunde »eine temporäre Zugehörigkeit zum Königreich Deutschland« erhalte, man dabei also »die Gesetze und die Gerichtsbarkeit des KRD« nutze.

Teleportation aus dem Knast?

Auch dieses Urteil wurde auf der Website des KRD ausgiebig diskutiert. Verantwortlich sei das »Kartell der Satanisten, welches im Anschein von Recht(s)staat das weitere Aufkommen von Freiheit verhindern« wolle, denn es fürchte »das Ende der Schuld- und Zinssklaverei und der satanischen Agenda«.

Das Königreich reagierte auf das Urteil mit der Publikation eines »Wörterbuchs« für Unternehmen, das Begriffe listet, »die in Zukunft zu nutzen sind, um handelsrechtliche Begriffe zu meiden«. Das Ziel ist offenbar, nach Graubereichen zu suchen, um sich juristisch nicht angreifbar zu machen. Offen bleibt, weshalb Fitzek sich überhaupt die Mühe eines Berufungsverfahrens macht. Schließlich behauptete er in seiner Autobiographie, sich teleportieren zu können. Das Gefängnis muss er da ja wohl kaum fürchten.