Vergangenheit und Zukunft - Strange Party, Thomas Köck und Michael von zur Mühlen

Binäre Denkmuster überwinden

Popkolumne. Strange Party, Thomas Köck und Ghostdance.

»We will find it impossible to fear diversity and to enter the future at the same time«, sagte einst »Star Trek«-Schöpfer Gene Roddenberry. Wie lange aber sind wir schon damit beschäftigt, binäre Denkmuster zu überwinden? Es fühlt sich auf jeden Fall wie eine Ewigkeit an.

Zum kurzzeitigen Wegbeamen sei das erstmalig veröffentlichte Album »Sleepwalking Through Life« der queeren Band Strange Party aus New York wärmstens empfohlen. Bereits Anfang der achtziger Jahre produzierte die Band aus dem Umfeld von Klaus Nomi eine kreolische Popmusik zwischen Funk, Punk und Latin.

Heutige Radioprogrammchef:innen würden vermutlich sagen, Strange Party seien leider nicht »formatkompatibel«. »Money for your rent, bought that Andy Warhol print, you can’t get too much enjoyment, out of two weeks unemployment«, heißt es augenzwinkernd in dieser Revue des Müßiggangs.

Bereits Anfang der achtziger Jahre produzierte die Band aus dem Umfeld von Klaus Nomi eine kreolische Popmusik zwischen Funk, Punk und Latin.

Zurück zur Realität: Es ist nicht nur die verbohrte Beschränkung auf zwei Geschlechter, sondern vor allem der vermaledeite Nationalismus unter dem schmutzigen Deckmantel der Heimatliebe, der uns alle so besorgt und Björn Höcke vorige Woche auf das Cover des Spiegel brachte.

Auch der Autor und Theaterregisseur Thomas Köck nimmt sich die Rechten vor, und zwar die österreichischen. Seine »Chronik der laufenden Entgleisungen« ist ein wütendes Protokoll der sprachlichen Eskala­tion, wie sie Politiker und Aktivisten der Neuen Rechten betreiben. Köck versteht seinen Text als Intervention in den laufenden Wahlkampf in ­Österreich. Die Uraufführung findet am 22. September in Wien statt.

 

»Gesang virtueller Geister«

In der Zwischenzeit führt Köck ­zusammen mit seiner Gruppe Ghostdance unter der Leitung des Opernregisseurs Michael von zur Mühlen am Nationaltheater in Weimar die ­KI-basierte Konzertübung »The Weird & The Eerie« auf. Es geht in dem crossmedialen Format zurück ins Österreich der neunziger Jahre, als der Rechtspopulismus seinen Aufschwung nahm: ein »Gesang virtueller Geister, historischer Avatare, Wiedergänger:innen und Dämonen, der sich zwischen Fakten und Fakes, psychologischen Untiefen, geheimen Portalen, Stacheldraht in den Wäldern der Kindheit und einem Abtasten von Mensch und Maschine bewegt«. Andreas Spechtl von der Gruppe Ja, Panik steuert als Komponist die Musik bei.

Der Titel geht zurück auf Mark Fisher, der einst Derridas Neologismus »hauntology« in den Popdiskurs einführte und anders als Roddenberry die Zukunft immer schon verloren gab. Am Freitag feiern die Geister in Weimar Premiere.