Klaus Nomi. Stimme im Orbit
Mit einem Fuß auf der Opernbühne, mit dem anderen in der Schwulenbar
Klaus Sperber zog 1965 nach West-Berlin. Er hatte sich erfolgreich an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (die heutige Universität der Künste) beworben und nahm ein Studium im Fach Gesang auf. Seine Lehrer rieten ihm, sich als lyrischer Tenor ausbilden zu lassen, er selbst sah sich als Countertenor. Doch in den sechziger Jahren erschien die Vorstellung, eine Solistenkarriere als Countertenor anzustreben, geradezu lächerlich.
Countertenöre waren im 19. und frühen 20. Jahrhundert komplett aus der Mode gekommen. Die Romantisierung der Oper im 19. Jahrhundert hatte dazu geführt, dass hohe Stimmen durchgängig mit Sängerinnen besetzt wurden. Kompetenz und Erfahrung der Gesangslehrer für das Stimmfach des Countertenor s waren verlorengegangen. Die einzige Nische, in der sich Countertenöre gehalten hatten, waren die Männerchöre der Kathedralen in Großbritannien.
Aus Großbritannien kam dann auch der erste wieder solistisch auftretende Countertenor des 20. Jahrhunderts. Alfred Deller, der heute als der »Pate« der Countertenöre gilt, war Autodidakt, hatte seine Stimme selbst ausgebildet. Er trug wesentlich zur Renaissance der Barockoper bei und realisierte in den fünfziger Jahren mit dem von ihm gegründeten Deller Consort qualitativ hochwertige Aufführungen der Werke von Bach, Händel, Purcell, Dowland sowie traditioneller Volkslieder. 1960 schrieb ihm Benjamin Britten die Rolle des Oberon in seiner Oper »A Midsummer Night’s Dream« auf den Leib, die Deller bei der Uraufführung beim Aldeburgh Festival und an der Londoner Covent Garden Opera verkörperte.
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