Natan Sznaiders neues Buch »Die jüdische Wunde«

Lob der Mehrdeutigkeit

Anpassung und Autonomie, Partikularismus und Universalismus – das sind die Pole, zwischen denen sich die jüdische Existenz bewegt. Der Soziologe Natan Sznaider hält diese Spannung für unauflösbar und schlägt in seinem Buch »Die jüdische Wunde« vor, sie schlicht zu akzeptieren.

Immer wieder Nathan. Diesmal allerdings mit »h«. Denn nicht der Soziologe und Autor Natan Sznaider, der sich ohne »h« schreibt, steht im Mittelpunkt seines Buchs »Die jüdische Wunde«. Das ist manchmal verwirrend, denn bei dem Buch darf man an mancher Stelle durchaus annehmen, dass es auch um das Leben seines Autors geht.

»Nennen wir ihn Nathan«, leitet der 1954 in Mannheim als Sohn zweier Shoah-Überlebender geborene Professor an der Akademischen Hochschule in Tel Aviv das erste Kapitel ein. Darin macht er zugleich zwei Pole im jüdischen Selbstverständnis aus, die nur oberflächlich Gegensätze darstellen und auf ­vielen Ebenen mit­einander verwoben sind.

Dass die Assimilation und die vielbeschworene deutsch-jüdische Symbiose eine ziemlich einseitige Angelegenheit sein sollte, wurde spätestens im Jahr 1933 offensichtlich.

Sznaider bedient sich dafür des Covers eines »Sonderhefts Geschichte« des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, das 2019 erschien und für einige Irritationen sorgte, weil es vor ­einem großen Davidstern zwei orthodoxe Juden abbildet. Der Titel lautete »Jüdisches Leben in Deutschland – Die unbekannte Welt nebenan«. Weder seien die Abgebildeten repräsentativ für die jüdische Gemeinschaft im heutigen Deutschland, noch wolle man als Jude so klischeehaft exotisiert werden, lautete damals die Kritik. Und mit dem »unbekannt« sei es auch so eine Sache.

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