Eine Rezension von Simon Schaupps Buch »Stoffwechselpolitik«

Fortschritt in the Slaughterhouse

Der in Basel lehrende Soziologe Simon Schaupp schreibt die Geschichte der Arbeit als Geschichte von Arbeit und Natur neu und begibt sich auf die Suche nach einer »proletarischen Umweltpolitik«.
Buchkritik

Marx attestierte der kapitalistischen Produktionsweise eine doppelte Bewegung. Während sie auf der einen Seite die »Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses« entwickelt – und damit erst die historische Möglichkeit menschlicher Emanzipation schafft –, untergräbt sie zugleich die »Springquellen alles Reichtums (…): die Erde und den Arbeiter«.

Natur und Mensch bilden hier die beiden Seiten eines Prozesses, den Marx als Stoffwechsel bezeichnet hat. Dieser Stoffwechsel vollzieht sich in der Arbeit, worin der Mensch, seiner Leiblichkeit wegen selbst Natur, sich die nichtmenschliche Natur seinen eigenen Zwecke gemäß anpasst und aneignet. Für den Soziologen Simon Schaupp ist daher klar, dass eine jede Erklärung und Lösung der ökologischen Krise die Arbeit als »Ort des gesellschaftlichen Stoffwechsels mit der Natur« zum Gegenstand haben muss – und nicht etwa die der Produktion nachgelagerte Sphäre des Konsums.

Natur besitzt eine »relative Autonomie«, die insbesondere dann zutage tritt, wenn sie sich, wie im Falle der ökologischen Krise, der menschlichen Zwecksetzung entzieht.

Dass mit dem Interesse an ökologischer Kapitalismuskritik auch Marx wieder Konjunktur hat, dürfte kaum überraschen. Insbesondere die Bücher des japanischen Philosophen Kohei Saito (»Natur gegen Kapital«, »Systemsturz«) erregten zuletzt auch außerhalb der üblichen Leserschaft für marxistische Theorie Aufmerksamkeit. Anders als Saito geht es Schaupp in seinem Buch »Stoffwechselpolitik. Arbeit, Natur und die Zukunft des Planeten: Vom kolonialen Dreieckshandel bis zur Care-Krise« allerdings nicht darum, Marx als genuin ökologischen Denker für eine Degrowth-Politik einzuspannen oder die ökologische Krise mit Hilfe der von Marx begrifflich entwickelten Bewegungsgesetze der kapitalistischen Produktionsweise zu erklären.

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