Die Berliner East Pride Parade wandte sich gegen Israelfeindlichkeit

Israelsolidarische Pride Parade

Die East Pride in Berlin fand in Solidarität mit Israel statt. Rund 500 Menschen nahmen daran teil. An der Haltung zum jüdischen Staat teilt sich die queere Szene.

»Homos sagen ja zu Israel« war das Motto der mittlerweile vierten East ­Pride­ Parade in Berlin, die am Samstag vor der Gethsemanekirche im Prenzlauer Berg losging und am Alexanderplatz endete.

Mit der Kirche hat es eine besondere Bewandtnis. Annette Detering und Wolfgang Beyer, die die Parade organisieren, waren beide in der Homosexuellenbewegung der DDR und der kirchlichen Opposition aktiv und engagieren sich heutzutage bei der Initiative »Gay in Church«. Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren sei der Kirchenvorstand diesmal jedoch nicht bereit gewesen, das Banner der Gruppe an der Kirche aufzuhängen, sagten die beiden der Jungle World.

Online und offline gegen Israel hetzen

Die East Pride kann bereits als vor­gezogene Antwort auf noch kommende Veranstaltungen verstanden werden. Denn die ominösen »Queers for Palestine«, die online und offline gegen Israel hetzen und die Rechte und Freiheiten für LGBT-Personen in Israel für einen niederträchtigen Marketingtrick halten, beteiligen sich auch am Pride-Monat. Am 27. Juli etwa plant die »Inter­nationalistische Queer Pride« einen Umzug mit den für diesen Teil der queeren Szene typischen israelfeindlichen Slogans. Bereits im vergangenen Jahr hat der Hass auf den jüdischen Staat diese Demonstration dominiert.

Und auch beim Dyke March, die traditionelle Lesbendemonstration, bewegt sich etwas – in die falsche Richtung, wie Detering befürchtet. Das müsse genau beobachtet werden und notfalls müsse man »Flagge zeigen«. »Love Dykes – Fight Fascism« ist das Motto der diesjährigen Veranstaltung am 26. Juli.

Ein Blick auf Instagram ­bestätigt Deterings Befürchtung. Eine Person erkundigte sich dort unter einem Posting nach der genauen Ausrichtung. Die Organisatorinnen antworteten darauf im Kommentarbereich, man sei »gegen den globalen Aufschwung der Rechten, Rassismus, Mobilisierung gegen Migration, Antisemitismus«. Und dann: »Gegen Islamophobie, Siedlerkolonialismus, Genozid und Apartheid.« Dekoriert wurde dieses eindeutige Statement mit dem Wassermelonen-Icon, dem abgedroschenen Symbol all derer, die Palästina »befreien« möchten.

»Eine Linke, der Freiheit und Demokratie etwas bedeuten, steht an der Seite Israels.« Klaus Lederer, Linkspartei

Angesichts der »distanzierten Haltung einiger unserer ehemaligen Verbündeten waren wir gar nicht sicher, ob so viele Menschen zur East Pride kommen«, sagte Detering. Immerhin 500 Menschen nahmen schließlich teil. ­Darunter war auch die Rechtsanwältin Seyran Ateş, die einen Redebeitrag hielt. 

Diskriminierung gebe es aus vielen Richtungen – von manchen orthodoxen Juden, von der Katholischen Kirche, den Evangelikalen in den USA und Brasilien, betonte sie. Sie alle hätten eine Gemeinsamkeit mit den Taliban in Afghanistan: Sie hätten Angst vor Frauen und vor LGBT-Personen. Seit inzwischen 18 Jahren wird Ateş von Islamisten mit dem Tode bedroht und lebt unter Polizeischutz, weil sie sich für ­einen weltoffenen Islam einsetzt. Sie rief: »Die Freiheit wird siegen, Shalom Salam!«

Homos sagen ja zu Israel. Fronttranspi

Homos sagen ja zu Israel. Fronttranspi

Bild:
Silvia Stieneker

Klaus Lederer, queerpolitischer Sprecher der Abgeordnetenhausfraktion der Linkspartei, hingegen musste seine Teilnahme kurzfristig absagen. Seine Rede verlas Daniel Bache, Bundessprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Linke-Queer.

Lederer erinnerte an das Selbstverteidigungsrecht Israels, kritisierte aber ebenso die rechten Politiker in der Regierung des israelischen Präsidenten Benjamin Netanyahu. Lederer fühle sich der israelischen Demokra­tiebewegung verbunden, die gegen diese Regierung demonstriere. Aber »eine Linke, der Freiheit und Demokratie etwas bedeuten, steht an der Seite Israels«, ließ er verlauten. Ziel solle ein freies, demokratisches Palästina sein, das Israel anerkenne und mit ihm friedlich koexistiere. Eine Aussage, der manche Genossen in der Linkspartei wohl eher nicht zustimmen würden.

CSD-Parade in Gaza?

»Der 7. Oktober war eines der schlimmsten Geschehnisse des 21. Jahrhunderts«, sagte Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Juden könnten sich in Ländern des Nahen Ostens nicht frei bewegen, ohne getreten, geschlagen oder erniedrigt zu werden. »Freiheit im Nahen Osten wird es erst geben, wenn man eine CSD-Parade in Gaza veranstalten kann.«

Israel war zwar zuvor schon oft ein Thema von Pride-Umzügen, das zu Streit geführt hat. Aber in diesem Ausmaß hat es die Veranstaltungen rund um den Christopher Street Day (CSD) bislang nicht bestimmt und gesellt sich so zu anderen Reizthemen: den nicht enden wollenden Diskussionen über die Kommerzialisierung und politische Vereinnahmungen des CSD, dem Dissens über die Repräsentation von Kinks und Fetischkleidung und dem erbitterten Streit zwischen Radikal- und Queerfeministinnen.

Believe Israeli Women

Believe Israeli Women

Bild:
Silvia Stieneker

Eine israelsolidarische Teilnehmerin des East Pride berichtete der Jungle World, dass sie sich in der Szene so isoliert wie nie zuvor fühle. Umso wich­tiger sei ihr eine Veranstaltung wie die East Pride. Und auch Lila, eine junge ­Israelin, die direkt hinter dem lauten Truck tanzte und sich besonders euphorisch über die israelischen Hits freute, sagte in einem spontanen Redebeitrag, die East Pride bedeute ihr viel. Sie könne es kaum in Worten ausdrücken, wie viel, und rief der Menge zu: »Mich steckt niemand mehr in den Schrank!«