Das Fett wegspritzen
Sind wir bald alle zu dick, um noch in den Urlaub fliegen zu können? Ein Fett-Armageddon steht unmittelbar bevor! Aber jetzt naht Rettung: Bald werden wir alle dünner, ja so schlank sein wie die Models – wenn wir nur einmal wöchentlich die neue Abnehmspritze anwenden. Der Hype kennt keine Grenzen und hat sich von Elon Musk und Kim Kardashian über Hollywood in den USA ausgebreitet, inzwischen ist er auch in Europa angekommen. Einfach den Wirkstoff wöchentlich unter die Haut piksen, dann noch Nebenwirkungen wie Übelkeit und Völlegefühl irgendwie positiv umdeuten – und schon ist alles ganz leicht.
Mittlerweile suchen die ersten Patienten die Hausarztpraxis auf und fragen nach der Abnehmspritze Ozempic. Das Wundermittel klingt irgendwie nach »Olympic«, also nach Hochleistungssport. Der Wirkstoff Semaglutid ist in den USA gerade derart begehrt, dass es nicht nur dort Lieferprobleme gibt. Das wiederum wird für diejenigen Diabetiker zum Problem, die seit Jahren auf das Medikament eingestellt sind. Denn bei ihnen wird Semaglutid schon lange eingesetzt.
Diabetes entsteht oft aus Übergewicht und Übergewicht korreliert mit Armut – besonders bei Kindern und Jugendlichen. So ist laut einer Untersuchung des Robert-Koch-Instituts das Risiko für Übergewicht bei Minderjährigen aus armen Haushalten fast dreimal so hoch wie bei denjenigen mit wohlhabenden Eltern. Die Abnehmspritze ist bei monatlichen Kosten von circa 1.300 Euro natürlich nicht für arme Leute gedacht. Diejenigen, die es sich leisten können, kaufen den Markt leer. Kosmetische Gewichtsreduktion einer finanzkräftigen Ober- und Mittelschicht gefährdet so die Versorgung von Kranken.
Es gibt auch positive Seiten: Wenn man Ozempic nach zwei Jahren absetzt, steigt das Gewicht schnell wieder an. Doppeltes Glück für die Pharmabranche!
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