Thomas Lengefeld vom Hamburger Club Hafenklang im Gespräch über dessen ­finanzielle Schwierigkeiten

»Das Cornern ist die neue Ausgehkultur«

Der Hamburger Club »Hafenklang« ist seit 25 Jahren für Konzerte bekannt. Auch weniger bekannte Bands können dort auftreten. Anfang August gab der Betreiberverein bekannt, dass er Zehntausende Euro Verlust gemacht habe. Eine Spendenkampagne wurde begonnen, um den Club zu retten. Die »Jungle World« sprach mit Thomas Lengefeld vom Hafenklang über das Crowdfunding und darüber, wie es weitergehen soll.

Die Existenz des »Hafenklang« stand auf der Kippe. Durch Crowdfunding sind nun innerhalb kürzester Zeit über 150.000 Euro zusammengekommen. Ist der Club damit gerettet?
Das wäre Kaffeesatzleserei. Wir haben von Mitte 2023 bis Mitte 2024 etwa 100.000 Euro in den Veranstaltungsbetrieb gesteckt. Deshalb war diese Summe auch das Ziel der Crowdfunding-Kampagen.

Es sind ja sogar deutlich mehr als die angepeilten 100.000 Euro zusammengekommen. Offenbar gibt es viele Menschen, die am »Hafenklang« hängen. Wie kann man das in einen langfristigen Erfolg ummünzen? Zum Beispiel mit fördernden Mitgliedern oder durch regelmäßige Beiträge und Spenden?
Fördermitgliedschaften sind tatsächlich eine Über­legung. Aber wenn ich »langfristigen Erfolg« definieren müsste, dann sähe das so aus: Der Club ist verlässlich – möglichst täglich – mit ansprechendem Programm geöffnet. Und er befindet sich nach wie vor in den Händen eines kollektiv geführten Vereins.

Was bräuchte es denn, damit ein Club wie der »Hafenklang« auch langfristig eine Perspektive hat?
In erster Linie die Verlängerung des 2029 auslaufenden Mietvertrags. Und gut laufende Veranstaltungen, logisch. Aber um wie in der Vergangenheit auch neuen, jungen, sperrigen, ungewöhnlichen und experimentellen Acts eine Bühne bieten zu können, braucht es bessere Förderungen von Stadt und Land. So ähnlich, wie heute die Theaterförderung funktioniert.

»Wenn jemand zwei Festivals oder andere Großevents mitnimmt, bleibt nicht mehr viel übrig für den Clubbesuch am Wochenende oder das Konzert einer unbekannten Band unter der Woche. Da reicht den Leuten dann das Kiosk-Bier und die Bluetooth-Box.«

Viele kleinere Clubs sind in den vergangenen Jahren in eine finanzielle Schieflage geraten. Woran liegt das? An der Pandemie oder am veränderten Feierverhalten junger Leute?
Aus unserer Sicht ist das derzeitige Ausgehverhalten eine posttraumatische Pandemiestörung. Unser aller Freizeit- oder Kulturbudgets sind dank der Inflation viel kleiner geworden. Und wenn jemand zwei Festivals oder andere Großevents mitnimmt, bleibt nicht mehr viel übrig für den Clubbesuch am Wochenende oder das Konzert einer unbekannten Band unter der Woche. Da reicht den Leuten dann das Kiosk-Bier und die Bluetooth-Box. Das Cornern ist während der Pandemie eine neue Feier-und Ausgehkultur geworden.

Sie betreiben den Club als Verein. Steht man ­dadurch nicht etwas besser da? Die Profitabilität ist dann doch weniger ausschlaggebend als bei einem privat geführten Club.
Das ist korrekt. Wir haben in den neunziger Jahren einen eingetragenen Verein gegründet, damit sich mit dem Laden niemand seine feuchten Träume von einer Harley oder einem Haus in der Toskana er­füllen kann.

Die sogenannte Hochkultur erhält staatliche ­Zuschüsse für das Kulturprogramm. Wünschen Sie sich ein solches Maß an Förderung auch für die Subkultur?
Die Etats klaffen viel zu weit auseinander. Da besteht klarer Handlungsbedarf!

Warum sollte es den »Hafenklang« auch noch in zehn Jahren geben?
Damit in zehn Jahren nicht nur noch die KI-Animationen von Metallica oder den Stones auf der Bühne stehen. Es ist wichtig, Freiräume wie den »Hafenklang« in exponierter Lage zu erhalten, anstatt Clubs in Industriegebiete zu verdrängen.