Der Präsidentschaftskandidat Robert F. Kennedy gibt auf und unterstützt nun Trump

Spinner für Trump

Der unabhängige Kandidat Robert F. Kennedy Jr. hat seine Präsident­schaftskampagne beendet und Donald Trump seine Unterstützung angeboten.

Robert F. Kennedy Jr. hat seine Kandidatur für das US-Präsidentenamt vorzeitig beendet. Das war allgemein erwartet worden. Aus von seinem Wahlteam pflichtgemäß bei der Federal Election Commission eingereichten Unterlagen ging schließlich hervor, dass der Kampagne das Geld ausgegangen war: Ende Juli verfügte man nur noch über ein Barvermögen in Höhe von 3,9 Millionen US-Dollar und hatte fast ebenso hohe Schulden. Die 1974 gegründete unabhängige und paritätisch mit je drei Vertretern der Republikanischen und der Demokratischen Partei besetzte Behörde ist dafür zuständig, die Einhaltung der strengen Wahlkampffinanzierungsgesetze zu überwachen. Kurz darauf sprach Kennedy denn auch Trump seine Unterstützung aus.

Mit Ausbruch der Covid-19-Pandemie wurde Kennedy durch seine haltlosen Theorien über Impfungen einem breiteren internationalen Spinnerpublikum bekannt.

Die mangelnde Spendenbereitschaft lag vor allem daran, dass selbst den größten Optimisten unter Kennedys Anhängern klar gewesen sein dürfte, dass er keinerlei Chance haben würde, den Demokraten wichtige Stimmanteile abzunehmen; nach derzeitigem Stand ist Kennedy in weniger als der Hälfte der 50 US-Bundesstaaten zur Wahl zugelassen worden. Erst kürzlich, am 15. August, wurde er im Staat New York disqualifiziert, weil er dem Urteil der Richterin Christina Ryba zufolge nachweislich falsche Angaben über seinen Wohnort gemacht hat. Kennedy hatte angegeben, im Staat New York zu wohnen, musste aber zugeben, zwar seit frühester Kindheit New York als seine Heimat anzusehen, allerdings 2014 zu seiner Frau nach Kalifornien gezogen zu sein. Seine Behauptung, er habe seit langem in einer Kleinstadt nahe New York City ein Zimmer gemietet, litt darunter, dass die Vermieterin vor Gericht angab, er habe bislang nur eine Nacht dort verbracht und die erste Mietzahlung in Höhe von 500 Dollar sei erst im Mai erfolgt.

Dem Journalisten John Hendrickson zufolge war der Hauptgrund für den Rückzug Kennedys allerdings der Verzicht von Präsident Joe Biden auf die Kandidatur der Demokratischen Partei. Kennedys bisherige Kampagne habe auf die Anhänger der Demokraten abgezielt, die aus diversen Gründen ­keinesfalls für Biden stimmen wollten. Die Kandidatur der Vizepräsidentin Kamala Harris, so zeigten Umfragen, habe allerdings Vertrauen bei manchen »Demokraten, Unabhängigen und Unentschiedenen zurückgewonnen, die ihre Unterstützung zunächst sozusagen bei Kennedy geparkt hatten«. Im Übrigen, so Hendrickson, hätte Kennedy Umfragen zufolge ohnehin eher dem republikanischen Kandidaten Donald Trump Stimmen gekostet als den Demokraten.

Dazu passt die neueste Analyse des Statistikers Nate Silver, der mit einem von ihm entwickelten Modell vor acht Jahren als einziger Demoskop Trumps Wahlsieg prognostiziert hatte. Er schrieb am Wochenende, dass Kennedy in Wisconsin nicht mehr von den Wahlzetteln gestrichen werden könne, zudem habe in North Carolina bereits mancherorts das early voting begonnen. Auch dort bleibe er Präsidentschaftskandidat.

Robert F. Kennedy Jr.: Der Querfrontler

Robert F. Kennedy Jr.: Der Querfrontler

Bild:
CQ Roll Call / Library of Congress / Tom Williams

Kennedys Rückzug nutze Trump insgesamt kaum. Dieser habe lediglich um netto 0,3 Prozentpunkte zulegen können, während Harris seit dem Wahlparteitag der Demokraten 2,3 Prozentpunkte hinzu­gewonnen habe. Kennedy werde dagegen in den Bundesstaaten, in denen er Kandidat bleiben müsse, auf ein bis zwei Prozent kommen. Bei zu erwartenden knappen Wahlausgängen agierten auch unzufriedene Wähler erfahrungsgemäß vorsichtig, so dass Proteststimmen weitgehend unterblieben und sich weit weniger für Kandidaten von Drittparteien entschieden, schrieb Silver auf seinem Blog Silver Bulletin weiter. Insgesamt lägen die Chancen von Harris derzeit bei 53,2 Prozent.

Interessanterweise hatte Kennedy vor seinem Ausstieg beide Parteien kontaktiert und seine Unterstützung angeboten. Insidern zufolge antworteten die Demokraten nicht einmal – das dürfte dem Mann, der gern damit prahlt, Angehöriger der ältesten politischen Familiendynastie des Landes zu sein und seinen ersten demokratischen Parteitag 1960 im Alter von sechs Jahren besucht zu haben, nicht gefallen haben. Langjährige Freunde hatten sich angeblich entsetzt darüber geäußert, dass die Demokraten Kennedy und damit die Verdienste der Familie um die Partei ignorierten.

»Wir glauben an Harris und Walz«

Das sah besagte Familie allerdings anders: Bereits kurz nach der Bekanntgabe von Kennedys Unterstützung für Trump veröffentlichten fünf seiner elf Geschwister einen offenen Brief. »Wir wollen ein Amerika, das mit Hoffnung erfüllt ist und geeint im gemeinsamen Glauben an eine bessere Zukunft«, heißt es darin, und weiter: »Wir glauben an Harris und Walz«, den demokratischen Vizepräsidentschaftskandidaten. Die von »unserem Bruder« geäußerte Unterstützung für Trump sei »ein Betrug an den Werten, die für unseren Vater und unsere Familie am wichtigsten waren (…) Es ist das traurige Ende einer traurigen Geschichte.«

Bereits 2005 hatte Kennedy sich in einem Artikel für die Zeitschrift Rolling Stone als Impfgegner hervorgetan, dazu glaubt er, dass fluoridiertes Trinkwasser und Handystrahlen von den Mächtigen dieser Welt benutzt werden, um die Menschheit zu vergiften. 2020 hielt er eine Rede auf jener »Quer­den­ken«-Demonstration in Berlin, während der versucht wurde, das Reichstags­gebäude zu stürmen; er warnte darin vor Impfstoffen, Bill Gates und der Strahlung durch 5G-Mobilfunk.

Mit Ausbruch der Covid-19-Pandemie war Kennedy durch seine haltlosen, sich den Anschein von Wissenschaftlichkeit gebenden Theorien über Impfungen einem breiteren internationalen Spinnerpublikum bekannt geworden. Der US-Epidemiologe Michael Osterholm, der an der Universität von Minnesota lehrt, hatte über ihn gesagt, dass er gefährlich sei, denn er habe »die Kunst der Illusion als Tatsache eta­bliert«. Kennedy täusche die Öffentlichkeit mit angeblich wissenschaftlichen Daten und Graphiken, die in Wirklichkeit pure Desinformation seien.

Verschrobene Vorstellungen

Ein gutes Beispiel für sein Vorgehen ist die Behauptung, das in Impfstoffen enthaltene Konservierungsmittel Thiomersal mache Kinder autistisch. Dar­über schrieb Kennedy 2014 sogar ein Buch. Es gibt allerdings trotz intensiver Untersuchungen keine wissenschaftlichen Daten, die diese Behauptung stützen. Und seit 2001 sind Impfstoffe für Kinder ohnehin frei von Thiomersal. Gleichwohl vergleicht er seit dem Jahr 2015 Autismus immer wieder mit dem Holocaust.

Während der Pandemie sagte er sogar, die weltweiten Einschränkungen seien schlimmer als der Massenmord an den Juden. Vor Lockdowns, Kontaktverboten und Maskenpflicht gebe es nämlich kein Entrinnen, während ein Entkommen vor den Nazis durch Flucht über die Alpen oder das Leben in Verstecken möglich gewesen sei.

Viele Trump-Anhänger dürften mit Kennedys Ansichten übereinstimmen. In ihre verschrobenen Vorstellungen passt es sicher ganz gut, dass Kennedy daran glaubt, vergiftetes Wasser mache Kinder schwul oder zumindest zu Hermaphroditen, die Morde an seinem Onkel John F. Kennedy und seinem Vater Robert F. Kennedy Sr. seien das Resultat von Verschwörungen unter Beteiligung der CIA gewesen, die Einnahme von Medikamenten sei der Grund für mass shootings und dergleichen mehr. Allerdings dürften die allermeisten, die unbedingt einen Präsidenten mit seltsamen Ansichten haben wollen, Trump wählen.

Bizarre Geschichten

Ohnehin war Kennedys Kandidatur nicht eben erfolgreich verlaufen: In seiner letzten Wahlkampfwoche hatte er eine Konferenz von Sheriffs in Oklahoma, eine Bitcoin-Konferenz in Miami, eine Diskussionsveranstaltung von Schweinezüchtern in Maine sowie den umstrittenen Fernsehdoktor Philip McGraw, bekannt unter dem Namen Dr. Phil, bei Dreharbeiten besucht.

Großes Medienecho hatten diese Auftritte nicht erhalten, im Gegensatz zu den bizarren Geschichten, die über Kennedy ausgegraben wurden. Dazu gehörte ein toter Wurm in seinem Gehirn, den er 2012 während seiner Scheidung in einer offiziellen Aussage als Grund für Gesundheitsprobleme wie Konzentrationsschwierigkeiten genannt hatte.

Eine weitere von ihm selbst verbreitete Anekdote besagt, er habe vor zehn Jahren an einem Straßenrand ein totes Bärenjunges entdeckt und mitgenommen, um es aufzuessen. Dann habe er sich aber umentschieden und die Bärenbabyleiche im New Yorker Central Park deponiert, und zwar so, dass es aussehen sollte, als sei das Tier mit einem Fahrrad überfahren worden. Ob die Geschichte stimmt, ist unklar, vielleicht wollte Kennedy auch bloß wieder in die Schlagzeilen kommen.

Ob Trump, der ihn vor einigen Jahren als »den dümmsten Kennedy« ­bezeichnete, und Kennedy, der über Trump einst sagte, er sei ein »Soziopath«, aneinander viel nützen werden, ist die große Frage.

Ob Trump, der ihn vor einigen Jahren als »den dümmsten Kennedy« ­bezeichnete, und Kennedy, der über Trump einst sagte, er sei ein »Soziopath«, aneinander viel nützen werden, ist ohnehin die große Frage. In den ­sogenannten swing states gehe es um jede Stimme, sagte beispielsweise der CNN-Kommentator Scott Jennings, dort könnten die Kennedy-Fans den Ausschlag geben.

Auf der anderen ­Seite habe er sich von einem liberalen in einen konservativen Verbreiter von Verschwörungslügen gewandelt, sei »aber eben immer noch ein Verschwörungsanhänger, den eine Menge Leute für bescheuert halten«. Sein Rat an Trump: Vorsichtig sein, denn »dieser Typ« sei »eine Art Bekloppter«.

In einem Punkt war Robert F. Kennedy jr. aber bereits sehr erfolgreich: Er hat Trumps Gegner noch stärker motiviert. Am Montag kursierte ein Tweet der »Republican Voters Against Trump«, der ein kurzes Video von ­einem Auftritt Kennedys bei der Show des ehemaligen Fox-News-Moderators Tucker Carlson auf X enthielt. Darin erzählte er, dass Trump ihn gebeten habe, in seinem Team mitzuarbeiten »und dabei zu helfen, die Leute aus­zuwählen, die die Regierung stellen werden«. Der Kommentar der konservativen Anti-Trump-Gruppe dazu ­bestand in einem einzigen Wort: »Wählt!«