Der Protest professionalisiert sich
Eine Klimapolitik herbeizuführen, die nicht in einer Katastrophe mündet – so könnte man das Hauptanliegen der Letzten Generation (LG) zusammenfassen. Mit Forderungen wie einem Tempolimit von 100 Stundenkilometern auf Autobahnen und ausgebauten Bundesstraßen und einem bundesweiten Neun-Euro-Ticket richtet sich die Gruppe an die gewählten Regierungsvertreter. Umstrittener sind ihre Protestformen aus dem Standardrepertoire des zivilen Ungehorsams. Vor allem Straßenblockaden machen seit Wochen Schlagzeilen. Das reicht, damit sie von der Bild-Zeitung als »Klima-Extremisten« bezeichnet werden. In Bayern wurden Aktivist:innen in Präventivhaft genommen. Markus Lanz sprach im ZDF mit ernstem Blick von einer »Geiselhaft«, in der sich Deutschland durch die Protestaktionen befinde, Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte im Interview mit der Welt, die Hauptstadt befinde sich im »Würgegriff dieser Protestaktionen«.
Keinen metaphorischen, sondern einen handfesten Würgegriff musste hingegen ein Aktivist gerade über sich ergehen lassen: Am Freitag voriger Woche blockierte die LG in den frühen Morgenstunden einen Teil der Berliner Stadtautobahn. Ein von der Gruppe verbreitetes Video zeigt, wie ein Autofahrer zunächst mit seinem Wagen einen auf der Straße sitzenden Demonstranten wegzuschieben versucht, dann aus seinem Auto aussteigt und ihm den Arm um den Hals legt. »Wir unterbrechen den Verkehr auf einer der meistbefahrenen Straßen Deutschlands, um das ganze Land mit der Frage zu konfrontieren: Wollen wir überleben oder nicht?« kommentierte die LG auf Twitter in ihrem gewohnt pathetischen Stil.
Man schmeiße nicht mit »Buzzwords« wie Kapitalismus um sich, sondern konzentriere sich auf konkrete Aktionen, sagt Ralph Thelen von der Letzten Generation.
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