Die grüne Karte
Roman Abramowitsch hat eine, der Emir von Abu Dhabi auch, Jeff Bezos sowieso: Superyachten sind Ausweis der Zugehörigkeit zum Club der »lucky few«. Sie ermöglichen grenzenlose Mobilität und exklusiven Geltungskonsum. Zugleich sind sie schwimmende Umweltsünden. Sie verbrennen Unmengen Treibstoff, ihre Anker zerstören kostbare Flora. Und sie sind Spielfelder obszöner Ungleichheit: Während ihre Besitzer zu den einflussreichsten Menschen der Welt gehören, ist das Bordpersonal oft Willkür und Rechtlosigkeit ausgeliefert.
Der französische Soziologe Grégory Salle sieht in den riesigen Luxusschiffen den Schlüssel zum Verständnis des gegenwärtigen Kapitalismus. In seinem Essay »Superyachten. Luxus und Stille im Kapitalozän« zeigt er, dass die schwimmenden Paläste nicht einfach Symbole des Exzesses sind. Vielmehr sind sie Symbole dafür, dass der Exzess zum Kennzeichen unseres Zeitalters geworden ist.
Es versteht sich von selbst, dass die verschiedenen Yachtformen von den bescheidensten bis zu den luxuriösesten einen Vergrößerungsspiegel der sozioökonomischen Ungleichheiten darstellen. Vielleicht weniger offensichtlich ist, dass eine symbolische Dimension die materielle verstärkt. Tatsächlich ist die gesellschaftliche Wahrnehmung der Freizeitschifffahrt von einer starken Klassenungleichheit durchdrungen. Ausgehend von der Situation in Marseille hat der Soziologe Jean-Louis Fabiani festgestellt, dass der Bootssport der breiten Bevölkerung für die von ihm verursachte Umweltverschmutzung paradoxerweise, um nicht zu sagen gegen jede Logik, erheblich stärker stigmatisiert wird als der gehobener Schichten, »der als ökologischer Sport gilt, in dem ausschließlich erneuerbare Ressourcen verwendet werden und sich eine ganze Palette ästhetischer Eindrücke entfalten«, obwohl der CO2-Fußabdruck sehr großer Yachten (der im Übrigen nur ein partieller Indikator ist) mit dem bescheidenerer Boote gar nicht zu vergleichen ist.
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