Berliner Bezirksamt stoppt islamisches Kulturzentrum

Nix Moschee mit Minaretten

Mehmet Bayram hätte sich und seinen islamischen Glaubensanhängern ein Denkmal setzen können. Schon im Sommer letzten Jahres hatte der Berliner Architekt einen ersten Entwurf für ein Kulturhaus mit Moschee, zwei Minaretttürmchen und einer großen Kuppel an der Skalitzer Straße in Berlin-Kreuzberg fertig gestellt. Beeinflusst von der konzeptionellen Idee der Shoppingmall und dem Wissen, dass islamische Gebetshäuser in Deutschland eine soziale Funktion haben, sah Bayram auch Geschäfte und Freizeiteinrichtungen vor. Und zunächst hatte das Bezirksamt Kreuzberg dem islamistischen Mevlana-Moschee-Verein die Nutzung des Gebäudes als Moschee auch zugesichert.

Manager der New Economy sprechen in einem solchen Fall von einer Win-Win-Situation. Das Bezirksamt hätte genug Stoff für die mediale Vermarktung von Multikulti und moderner Stadtteilpolitik gehabt. Die islamischen Vereinsheimer hätten sich eine weitere Repräsentationsplattform geschaffen. Und auch eine touristische Aufwertung der Ecke wäre drin gewesen. Man stelle sich nur Touristenbusse aus Westdeutschland vor, die von den Hackeschen Höfen über den Reichstag kommend, für eine Stullenpause vor der neuen Moschee in Kreuzberg Halt machen, wo der Hodscha die Gäste mit Käsebrötchen empfängt.

Es kam anders. Der Verein legte einen überarbeiteten Plan vor, den die Verantwortlichen im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg als »maßlos« bezeichneten. Zuviel »orientalisches Potpourri« für das Stadtbild. Moschee, tschüs? Nein. Die Amtsvertreter erklärten, dass es nicht um die Verhinderung einer Moschee gehe. Aber das Gebetshaus solle »zurückhaltend sein und nicht dominant wirken«. Alles klar?

Nichts ist klar. Man könnte nun in der Entscheidung des Bezirksamtes diskursanalytisch die Wirkungsweise von Dominanzrassismus nachzeichnen. Oder man könnte über dessen Kehrseite reden, über eine neue pro-islamische Freundlichkeit liberaler Alemannen. Ob Islamunterricht, Kopftuch-Debatte oder der Bau von Moscheen in Almanya, viele entdecken bei diesen Themen - in einem Mix aus Humanismus und Sehnsucht nach Gleichberechtigung - ihr Herz für den Islam. Selbst in Artikeln linker Autoren über die deutsche Leitkultur las man vor kurzem von jungen türkischen Frauen »mit Kopftuch« und ihrem Bezug zum Islam. Ohne kritisiert zu werden, spulten diese ihre Lebenskonzepte von vorgestern ab.

Im Kontext von Rassismus in Deutschland ist Moschee nicht gleich Kirche. Offen bleibt aber, warum liberale Alemannen zum Beispiel nicht die alevitische Community in Almanya zur Förderung von Moscheen befragen. Merkwürdig, wie in den Hintergrund gerät, dass Moscheen auch ein Ausdruck zunehmender Stärke des politisch organisierten Islams sind. Schließlich überweist nicht Allah die Millionen für den Bau solcher Gebetshäuser, sie werden von islamischen Organisationen gesammelt, die zum Teil vom türkischen Staat Unterstützung erhalten.

Die Islam-Boys haben sich in Deutschland früh eine taktisch kluge Artikulationsstrategie zurechtgelegt: Ihr redet von Multikulti und Toleranz, wir wollen sie. Längst geht es ihnen nicht nur um Räumlichkeiten für die Ausübung ihrer Religion, sondern um den Aufbau einer relativ unabhängigen Infrastruktur. Nicht von ungefähr werden in Moscheen neben politischen Teach-Ins auch EDV-Kurse angeboten. In der Türkei wurde dies unter langjähriger Duldung des Staates erfolgreich praktiziert. Man könnte nun, wie Old-School-Kemalisten, über Laizismus sinnieren, oder aus linker Perspektive darüber diskutieren, dass Moscheen genauso wie Kirchen ein Ausdruck von Repression sind. Heute nicht mehr sexy, aber immer noch richtig.