Wer unterstützt die Jihadisten in Mali?

Petrodollars für den Jihad

Wer Alliierte wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate hat, braucht sich über einen Mangel an Feinden nicht zu beklagen.

Überrascht zeigte sich ein Afrika-Korrespondent von Le Monde, wie schnell französische und malische Truppen gegen die Islamistenkoalition im Norden vorrücken. Ein »großer Sieg« sei die Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Gao, schrieb er. Kurz danach wurde unter dem Jubel der Bevölkerung Timbuktu eingenommen. In der Tat haben die französischen Streitkräfte einmal mehr bewiesen, wie eine technisch überlegene Armee, die zugleich die Lufthoheit besitzt, in asymmetrischen Kriegen effektiv und mit vergleichsweise geringen Verlusten unter der Zivilbevölkerung militärische Siege zu erringen vermag.
Je früher gegen Jihadisten interveniert wird, die sich irgendwo festsetzen und ihre Terror-Kalifate ausrufen, so die zweite, eigentlich weitgehend bekannte Lehre, um so einfacher sind sie militärisch zu schlagen, je länger man abwartet, desto besser vermögen sie sich zu organisieren, Waffen zu beschaffen und dann das von ihnen kontrollierte Territorium zu verteidigen.
Die große Frage allerdings lautet: Was dann? Wie in anderen Ländern auch, werden sich die Jihadisten in Mali wohl auf einen langen, zermürbenden und blutigen Guerillakrieg gegen Franzosen, malische Sicherheitskräfte und die Bevölkerung einrichten. Es wird dann, man kennt es aus Afghanistan und Somalia, einige halbherzige Versuche geben, mit Entwicklungshilfegeldern, die längst nicht mehr so zahlreich fließen, das nation building zu unterstützen, schnell aber dürfte das Interesse wieder erlahmen.
Zwar ist Mali eines der ärmsten Länder der Welt, galt aber bis Sommer vorigen Jahres als vergleichsweise demokratisch und säkular, im Ranking von Freedom House wurde es, als einer der ganz wenigen Staaten mit islamischer Mehrheitsbevölkerung, als »frei« eingestuft. Seit Jahren schon ist deshalb das Sahelland Saudis, Kataris und anderen Scheichs am Golf ein Dorn im Auge, investieren sie, egal ob staatlich oder von Konten sogenannter Stiftungen, die sich meist im Besitz irgendwelcher Prinzen oder Emire befinden, Millionen, um die Malier auf den richtigen islamischen Kurs zu bringen. Madrasas, Moscheen und andere religiöse Einrichtungen, in denen die reine Lehre des Wahhabismus gepredigt und verbreitet wurde, schossen aus dem Boden; wer sich als besonders gelehriger Schüler erwies, bekam ein Stipendium, um in Riad zu studieren. Dass nicht nur libysche Waffen, Geiselnahmen und Schmuggel die Kriegskassen der Jihadisten gefüllt haben, sondern auch Petrodollars vom Golf, ist seit langem ein offenes Geheimnis. Schließlich unterscheidet sich das Regime der Islamisten in Nordmali nur graduell von der staatlichen Herrschaftspraxis in Saudi-Arabien, die Weltanschauung teilt man sowieso.
Ausgerechnet die Herrscherfamilien der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) wurden von Frankreich nun aufgefordert, den Krieg in Mali doch bitte finanziell zu unterstützen. Die VAE gelten neben Saudi-Arabien und Katar als Hauptgeldgeber radikaler Islamisten und unterhalten beste Beziehungen zu den Taliban. Der globale Jihadismus in seiner jetzigen Form wäre ohne Petrodollars nur eine halb so bedrohliche Angelegenheit. Da aber Saudi-Arabien und die anderen Golfmonarchien nicht nur auf den größten Erdöl- und Gasvorkommen sitzen, sondern ihr Geld außerdem in Europa und den USA anlegen, wird man sie auch künftig als »moderate Alliierte« behandeln und, wie in Syrien, untätig zusehen, wenn sie einmal mehr Islamisten systematisch unterstützen und aufrüsten.
Mit den Ölscheichs mag sich schließlich niemand anlegen, das Risiko wäre viel zu groß, sie könnten als Strafe ihr Kapital abziehen oder ihre milliardenschweren Waffendeals mit der Konkurrenz abschließen. So behandelt man, wider besseres Wissen, die Golfstaaten weiterhin als Teil der Lösung und nicht des Problems. Und deshalb ist es auch nur eine Frage der Zeit, wann die nächste Intervention gegen den globalen Jihadismus nötig werden wird.