Medaillenklau

Polnisch-norwegischer Krach

Ohne jegliche Beweise machte Finn Aamodt, Vater des Skistars Kjetil André, Polen für den Diebstahl der Medaillensammlung seines Sohnes verantwortlich. Jetzt wird er sich wohl für seine dusseligen Bemerkungen entschuldigen müssen.

Am Donnerstag dieser Woche waren Diebe in die Familienvilla im Osloer Nobelstadtteil Holmenkollen eingedrungen und hatten neben der großen Trophäen- und Medaillensammlung von Kjetil André Aamodt zahlreiche weitere Wertgegenstände sowie ein Päckchen Kautabak gestohlen. Der erfolgreichste alpine Skiläufer aller Zeiten, der in Monaco lebt, hatte seine Trophäen dort in einem Safe gelagert, da für ein norwegisches Museum Kopien angefertigt werden sollten.

Während sich Kjetil André recht gefasst über den Verlust zeigte und nur bemerkte, dass »die Medaillen ja eigentlich nur für mich als Zeichen des sportlich Erreichten einen Wert hatten«, und bedauerte, »dass ich sie nun wohl meinen Kindern und Enkeln nicht mehr zeigen kann«, war Vater Finn empörter.

Für ihn sei klar, dass nur Polen hinter dem Einbruch stecken könnten, sagte er einigen Journalisten, »denn ein echter Norweger würde so etwas nicht tun«. Ihm sei zudem zu Ohren gekommen, dass im ehemaligen Ostblock Rekordpreise für Sport-Memorabilia gezahlt würden, da passe es ja gut, dass »vor dem Einbruch in der Gegend ein Auto mit polnischem Kennzeichnen gesehen wurde«.

Dass für Norwegen-Touristen, egal wo sie herkommen, die berühmte Skischanze am Holmenkollen zu den wichtigsten Attraktionen zählt und daher Autos mit nicht norwegischen Kennzeichen in dem Stadtteil nichts Besonderes sind, spielte für Vater Aamodt wohl keine Rolle. Zumal seine Bemerkungen ohnehin bestehende Vorurteile seiner Landsleute bestätigen.

Es dauerte nicht lange, bis Finn Aamodts Statements von polnischen Nachrichtenagenturen unter Überschriften wie »Aamodt verdächtigt Polen des Medaillendiebstahls« verbreitet wurden und zu einem ausgesprochenen Skandal führten. Seiner ebenso lahmen wie in solchen Fällen wohl international üblichen Erklärung, er habe das alles nicht so gesagt und seine Worte seien »aus dem Zusammenhang gerissen worden«, glaubte außerdem niemand so recht. Denn gleichzeitig war auch in der Nachbarvilla eingebrochen worden, in der es definitiv keine Medaillen zu holen gab.

Jacek Korcaz-Mleczko, Sportchef der polnischen Zeitung Trybuna, erklärte in Interviews mit norwegischen Medien, die polnische Öffentlichkeit sei »sehr schockiert« über den Vorfall, der ein »ernst zu nehmender Fall von Fremdenhass« sei. Danuta Szotak, ebenfalls in Holmenkollen wohnende polnische Botschafterin in Norwegen, zeigte sich ebenfalls entsetzt, ein solcher Verdacht sei »absolut unbegründet und völlig unakzeptabel.«

Zumal die Aamodtschen Beschuldigungen kein Einzelfall sind: Erst im letzten Winter hatte sich der frühere Olympiasieger im Skispringen, Espen Bredesen, für eine ausgesprochen dumme anti-polnische Bemerkung entschuldigen müssen. Bei einem Wettkampf im tschechischen Harrachow hatte er in einer Live-Reportage des norwegischen Fernsehens gesagt, die polnischen Zuschauer kämen alle mit dem Bus, »um dann in fremden Autos nach Hause zu fahren.«

elke wittich