Der im Exil lebende russische Unternehmer Arkadij Wolosch investiert in die KI-­Infrastruktur der EU

Hochtechnologie aus dem Exil

Porträt Von Moritz Tübbecke

Der russische Tech-Milliardär Arkadij Wolosch lebt im Exil und will mit seiner Firma Nebius in die europäische Entwicklung von Künstlicher Intelligenz investieren. Nach Russland hat er keine Verbindung mehr - sagt zumindest er selbst.

Arkadij Wolosch ist nicht der Typ eines russischen Milliardärs, wie man ihn sich vielleicht vorstellt: Der Mathematiker und IT-Unternehmer kritisierte 2023 öffentlich den Kreml für die »barbarische Invasion« der Ukraine und verkaufte im Juli seine Anteile an der russischen Suchmaschine Yandex, die er über 30 Jahre aufgebaut hatte und die oft als »Google Russlands« bezeichnet wird.

Wolosch ist nach der russischen Annexion der Krim 2014 mit seiner Familie nach Israel gezogen. Er galt lange als einer der Vorzeigeunternehmer des russischen Regimes, das bis heute über Yandex Propaganda verbreitet und von dessen Steuerzahlungen profitiert. Die EU ließ Wolosch daher bis März auf der Sanktionsliste russischer Geschäftsleute, was ihm eine Verlagerung seiner Geschäfte nach Europa unmöglich machte. Im Frühjahr hob die EU die Sanktionen gegen Wolosch schließlich auf.

Die EU sei bisher ein »weißer Fleck auf der Tech-Landkarte«, obwohl sie ein »riesiges ­Potential« für die Entwicklung von KI besitze, so Arkadij Wolosch.

Nun plant er, mit seiner neuen Firma Nebius in die europäische Entwicklung von Künstlicher Intelligenz zu investieren. »Die Tech-Industrie wird dominiert durch Firmen aus den USA und China. Das ist unfair«, sagte Wolosch dem Spiegel. Die EU sei bisher ein »weißer Fleck auf der Tech-Landkarte«, obwohl sie ein »riesiges ­Potential« für die Entwicklung von KI besitze.

Nebius soll von Amsterdam aus innerhalb weniger Monate Computerkapazitäten ausbauen, um sie an KI-Entwickler zu vermieten, die mit dieser »Rechenpower« ihre Modelle trainieren. Wolosch will Nebius »weltweit zu einem der größten unabhängigen Anbieter auf diesem ­Gebiet« machen. »Und das sehr schnell.«

100.000 Digital-Spezialisten sollen Russland 2022 verlassen haben

Dabei hat er viel Unterstützung. Mehr als 1.000 russische IT-Experten arbeiten mit ihm zusammen. Viele davon sind ehemalige Angestellte von Yandex. Nach Angaben der russischen Regierung verließen 2022 rund 100.000 Digital-Spezialisten das Land, zehn Prozent der Beschäftigten im technischen Bereich; sehr wahrscheinlich waren es tatsächlich noch deutlich mehr.

Wolosch sagt, dass er »null Verbindung« nach Russland habe: »Nicht ein Byte Daten fließt von uns aus Richtung Moskau.« Externe Berater überprüfen ihm zufolge bei Nebius, ob das auch wirklich zutrifft.