Spur der Spinner

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Plot: Skrupelloser Supermanager saniert maroden Ex-Treuhandbetrieb und sahnt dabei kräftig ab - auf Kosten der Beschäftigten, die aber einsehen, daß in der Marktwirtschaft wenige Jobs besser sind als gar keine. In der Hauptrolle: José Ingnacio L-pez de Arriortua, als "Kostenkiller" (taz) und "Würger von Rüsselsheim" (Spiegel) bekannt aus seiner Zeit bei Opel und VW, wo er die Zulieferer mit rüden Methoden das Fürchten lehrte. Berüchtigt als angebliches Mitglied von Opus Dei und verdächtig der Industriespionage sowie der Bandenbildung.

Kurzinhalt: Die Chemnitzer Spinnereimaschinenfabrik (CSM) hält zu DDR-Zeiten einen 20prozentigen Anteil am Weltmarkt und bildet einen der großen industriellen Kerne in Sachsen. Nach dem Anschluß wurde sie von der Treuhand an das Bankenkonsortium Beteiligungsgesellschaft Neue Länder (BNL) verkauft, das 1996 zusätzlich die Maschinenwerke in Großenhain und Leisnig kauft, um die drei Betriebe zur sächsischen Spinnlinie zusammenzuschließen.

Von über 8 000 Beschäftigten bleiben 480, die sich 1997 einer erneuten "grundlegenden Sanierung" (BNL) widersetzen, das Unternehmen schließlich übernehmen und einen Beirat wählen. Mitglieder: der IG Metall-Bevollmächtigte Sieghard Bender, Engelbert Kuhn vom Chemnitzer Arbeitsamt und der Chef der Chemnitzer Wirtschaftsförderungsgesellschaft, Bernd Lange. 372 der Beschäftigten werden Gesellschafter und zahlen je 4 000 Mark ein, die BNL wandelt ein Darlehen in einen 10-Millionen-Gesellschaftsanteil um und verspricht einen Sanierungszuschuß von 44 Millionen Mark.

Jetzt tritt L-pez auf, der sich seit seiner Trennung von VW als freier Unternehmensberater durchschlagen muß und über Mittelsmänner Kontakt zu Bender aufnimmt. Als der Gewerkschafter, früher linksalternativer Polit-Aktivist, den Berühmtberüchtigten trifft, ist er geläutert: "Der Mann hat Power." Die zunächst skeptische Gesellschafterversammlung versteht das und stellt L-pez ein. Der feiert rasche Erfolge, indem er die Produktivität durch die Einführung der Gruppenarbeit und des sozialistischen Wettbewerbs um 200 Prozent erhöht und die Belegschaft drastisch abbaut. Dabei verzichtet er auf betriebsbedingte Kündigungen, weil er das bei Amtsantritt versprechen mußte. Weil er aber an das Unternehmergewissen der Anteilseigner appelliert und einen Börsengang in Aussicht stellt, rationalisieren sich die Beschäftigten schließlich weg.

Das Happy-End folgt nach nur zwei Jahren: L-pez, der die 44 Millionen Mark Sanierungszuschuß schon zuvor befreundeten Zulieferern zugeschanzt hat, kassiert die Prämie für seinen Einsatz - 51 Prozent der Gesellschaftsanteile -, läßt sich von der Konkurrenz abwerben und verkauft die CSM mit Riesengewinn. Soweit das Drehbuch. Schade nur, daß die Beschäftigten sich nicht um Hollywood kümmern, sondern ihre Vorbilder in alten Defa-Filmen suchen. Sie setzten den kontrollierenden Beirat ab, bevor der noch L-pez' Konzept erläutern konnte. Der Star wurde ausgeladen. Statt seiner übernahm Geschäftsführer Michael Zöllner die Rolle als Sanierungsexperte. Allerdings ist der auch nicht ganz ohne. Bis zum Jahresende will er "erste Rationalisierungen" umsetzen, das kostet Arbeitsplätze. Und schafft Schicksale. Vielleicht reicht es zu einer Vorabendserie.