Rot-Grün in Hamburg abgewählt

Law and Schill

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Seit dem vergangenen Sonntag gibt es in Deutschland nicht mehr nur einen, sondern zwei Hauptdarsteller der Inneren Sicherheit: Schily und Schill. Während der eine als Bundesinnenminister versucht, Deutschland fit zu machen für die Herausforderungen des Terrorismus, ist der andere ein absolutes Novum. Nie zuvor hat eine rechtsaußen stehende Partei in der Bundesrepublik auf Anhieb so viele Stimmen bei einer Wahl gewinnen können. Wovon die FDP und Jürgen Möllemann träumen, das ist für den »Richter Gnadenlos« in Hamburg Realität geworden: das Projekt 18.

Schills Partei Rechtsstaatliche Offensive (Pro) erreichte rund 19 Prozent der Stimmen, sie konnte damit den Erfolg der DVU in Sachsen-Anhalt übertreffen, die dort 1998 auf Anhieb 12,9 Prozent gewonnen hatte. Mit seinen Law- and-Order-Thesen, seinen Forderungen nach verschärftem Jugendarrest, der Kastration »nicht therapierbarer« Sexualstraftäter und der Abschiebung straffällig gewordener Ausländer konnte Schill das Potenzial der rechtsextremen Parteien abschöpfen und weit ins bürgerliche Lager vordringen. Auf die Frage, ob er nun Innensenator werde, antwortete er noch am Wahlabend: »Ja natürlich.« Ahoi, du ach so weltoffenes Hamburg!

Die Hamburger CDU unter dem Spitzenkandidaten Ole von Beust, der Schill koalitionsfähig gemacht hat, ist mit gerade einmal 26 Prozent der Stimmen eigentlich eine Wahlverliererin. Sie könnte aber - so geht manchmal Demokratie - zusammen mit der Pro und der FDP, die lange um ihren Einzug ins Parlament bangen musste, die Regierung bilden. Von Beust will Bürgermeister werden, deshalb wird er nicht vor einem Bündnis mit dem »Haider von der Elbe« zurückschrecken, auch wenn das für die Christdemokraten einen Tabubruch bedeuten würde.

Der SPD dagegen, die mit rund 37 Prozent der Stimmen wieder stärkste Partei wurde, hat der Einsatz ihres Landesvorsitzenden Olaf Scholz als Innensenator zwar noch einmal ein paar Punkte gebracht, aber Bürgermeister Ortwin Runde konnten sie nicht mehr retten.

Das liegt auch an der Grün-Alternativen Liste (GAL). Bei allen Wahlen seit der Bundestagswahl 1998 haben die Grünen gut ein Drittel ihrer WählerInnen verloren. In Hamburg sackten sie von zuletzt 13,9 Prozent auf acht Prozent ab. Doch Beschwichtigung und Realitätsverdrängung sind angesagt.

Bundesvorstandssprecher Reinhard Bütikofer stotterte einmal mehr am Wahlabend in der Berliner Runde im ZDF das Ergebnis schön. Die Grünen würden nicht aufgerieben, »alle Umfragen, die wir kennen«, zeigten dies. Hamburg sei lange Zeit der »Wahl-Olymp« gewesen, jetzt sei es bitter, wieder herabsteigen zu müssen. So gibt es wenigstens für jede Niederlage andere Gründe, das sorgt für Abwechslung.

Bütikofer machte die bedeutungslos gebliebene linke Liste Regenbogen mit für die grüne Wahlniederlage verantwortlich. Auf den Gedanken, dass es immer etwas mit dem politischen Gegner zu tun hat, wenn man verliert, kommt der personifizierte grüne Think Tank nicht. Die Frage, ob die Beteiligung an der Bundesregierung nicht das Ende der Grünen herbeiführe, beantwortete Bütikofer in seiner unvergleichlichen Metaphorik: »Wir ziehen unsere Stärke aus dem Spagat.« Bei Popeye war's der Spinat.

Dabei sollte sich die Partei lieber Gedanken darüber machen, was geschieht, wenn sie auch bei der kommenden Bundestagswahl wieder ein Drittel ihrer WählerInnen verliert. 1998 erreichten die Grünen noch 6,7 Prozent. Auch auf Bundesebene werden grüne Themen, welche das auch immer sein sollen, nicht im Vordergrund stehen. Zu dem vom hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) ins Spiel gebrachten Wahlkampfthema der nationalen Identität könnte die Innere Sicherheit hinzukommen. Der Schill-Effekt und Schilys vorhersehbare Antwort sind die Garantien dafür. Wenn nicht ein Krieg Rot-Grün rettet.