Treffen der EU-Außenminister im spanischen Cáceres

Europa voran

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»Vorbei scheinen die Zeiten, in denen sich die EU-Staaten hinter den USA verstecken und der Regierung in den USA ehrfürchtig hinterherlaufen. Deutlich wird dies auch und gerade im Nahost-Konflikt.« So beschrieb ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AP die Verlautbarungen der EU-Außenminister vom vergangenen Wochenende. Sie stellten sich bei ihrem informellen Treffen im spanischen Cáceres gegen die USA und damit auch gegen die Vorstellungen der israelischen Regierung. Ein Diplomat der EU bemerkte dazu, dass die »Kluft zwischen den USA und der EU sehr beunruhigend« sei.

Mit ihrem selbstbewussten Vorgehen schlagen die Europäer zwei Fliegen mit einer Klappe. Sie widersetzen sich den USA, was im Moment in Europa sehr populär ist, und außerdem glauben sie, mit der Unterstützung Arafats einen größeren politischen Einfluss im Nahen Osten zu gewinnen.

Besonders deutlich äußerte sich der französische Außenminister Hubert Védrine am Mittwoch vergangener Woche, als er die US-Politik im Nahen Osten als einseitig kritisierte und erklärte, die EU stimme der Unterstützung Sharons nicht zu. Der deutsche Außenminister Joseph Fischer bekräftigte die Aussage seines Kollegen und sagte, im Nahen Osten müsse es eine Politik des Gleichgewichts geben. Die in der europäischen Logik natürlich nur von der EU garantiert werden könnte.

Auch die Vorschläge des Franzosen, einen palästinensischen Staat anzuerkennen und Wahlen in den Palästinensergebieten abzuhalten, stießen auf Zustimmung in der EU und auf Ablehnung in den USA. Sie lenkten nur davon ab, dass Arafat mehr tun müsse, um Gewalt und Terror gegen Israel zu verhindern, erklärte der US-Außenamtssprecher Richard Boucher. Fischer dagegen begrüßte die Ideen grundsätzlich und bezeichnete die Vorschläge als bedenkenswert.

Fischer war es auch, der den Nahen Osten als einen »Teil der europäischen Sicherheit« bezeichnete. Allerdings dachten die Außenminister der EU dabei wohl weniger an die Sicherheit Israels als an ihre eigenen Interessen. Sie wiesen die Forderung Israels nach einer Beendigung der Gewalt als Voraussetzung für Verhandlungen zurück und forderten in Cáceres stattdessen eine wirtschaftliche und politische Perspektive für die Region.

Inszeniert wirkte auch die europäische Aufregung über die Zerstörung von mit EU-Geldern finanzierten Einrichtungen in den palästinensischen Gebieten durch die israelische Armee. Die versammelten Außenminister ließen es sich nicht nehmen, der israelischen Regierung mit Schadensersatzforderungen zu drohen.

Zwischen dem Beschluss des Osloer Abkommens im Jahr 1994 und dem Jahr 2000 förderte die EU mit rund drei Milliarden Euro Projekte in den palästinensischen Gebieten. Ausgerechnet Benita Ferrero-Waldner, die Außenministerin des Landes, das erst vor kurzem wegen seiner rechten Regierungskoalition von der EU mit Sanktionen belegt worden war, erklärte zu diesem Thema: »Es muss klar sein, dass die EU eine Schmerzgrenze hat.«

Nun soll Israel brüskiert werden. Der britische Außenminister Jack Straw und sein Kollege Fischer, die in dieser Woche zu Gesprächen in die palästinensischen Autonomiegebiete reisen, betonten ausdrücklich, auch mit dem Präsidenten Yassir Arafat zusammentreffen zu wollen.

Schlimm genug, dass die EU-Vertreter glauben, den USA nach den Ereignissen vom 11. September die Stirn bieten zu können, was sowohl rechte als auch linke Nationalisten seit langem fordern. Dass dies auf Kosten Israels und unter deutscher Anleitung geschieht, zeigt, wie wenig Sensibilität die Europäer im Umgang mit der Vergangenheit inzwischen noch für nötig halten.