Jungle+ Artikel 20.02.2025
Eren ­Güvercin, Autor, im Gespräch über die Ditib und die Einflussnahme der Türkei in Deutschland

»Den innermuslimischen Diskurs dominieren Hardcore-Islamisten«

Die »Jungle World« sprach mit Autor Eren Güvercin über die Ditib, den größten islamischen Verband in Deutschland, dessen Verbindungen zur türkischen Regierung und die neue Situation nach dem 7. Oktober 2023.
Interview

Sie haben für Ihr Buch einen überraschend persönlichen Einstieg gewählt und beginnen mit Ihrer Studienzeit in Bonn. Wie blicken Sie auf Ihre Sozialisation in Deutschland?
Meinen Eltern war die Vermittlung von religiösen Grundlagen immer sehr wichtig. Ich bin in Leverkusen aufgewachsen, da gab es lange Jahre nur eine Moschee und das war eine Ditib-Moschee. In meiner kleinen Heimatgemeinde sind damals unterschiedliche Menschen zusammengekommen, das waren keine politischen Leute. Bonn, wo ich Anfang der nuller Jahre studiert habe, war wiederum ein ganz anderes Pflaster.

Inwiefern?
Meine Zeit an der Universität fiel zeitlich mit den Anschlägen von 9/11 zusammen – ein einschneidendes Erlebnis für einen jungen Muslim wie mich, der hier geboren ist. Auf einmal war man nicht mehr der Ausländer, sondern der Muslim, und mit allerlei Fragen konfrontiert. Bonn war zu der Zeit wegen der saudischen König-Fahd-Akademie (2017 geschlossene Auslandsschule des Königreichs; Anm. d. Red.) eine Salafistenhochburg. Die hatten einen erhöhten Missionierungsdrang und missionierten auch unter jenen, die bereits Muslime waren, ihrer Auffassung nach aber nicht das richtige Islamverständnis hatten. Ich war also mit den Themen Salafismus und Islamismus auf der einen Seite und der sehr von sicherheitspolitischen Aspekten geprägten Islamdebatte in der deutschen Öffentlichkeit auf der anderen Seite konfrontiert.

»Den europäischen Türken vermittelt Erdoğan das Gefühl, die vorderste Front zu sein im Kampf gegen die USA, die ›Kreuzfahrernationen‹ und den Westen insgesamt.«

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