Warten auf Wahlen
Paris. Für die 72 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner der Allianz der Sahel-Staaten (AES) – Mali, Burkina Faso und Niger – gibt es seit dem 29. Januar neue Reisedokumente. Die Einführung der neuen Pässe erfolgte am selben Tag, an dem der vor einem Jahr angekündigte Austritt der drei Sahel-Staaten aus der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas besiegelt wurde. Der vormalige Ecowas-Pass soll aber weiterhin gültig bleiben, die Freizügigkeit innerhalb der Ecowas-Länder also nicht eingeschränkt werden. Anfang Februar fand in der malischen Hauptstadt Bamako zudem ein zweitägiges Expertentreffen der AES statt, auf dem die Einführung eines Gemeinschaftsvisums beschlossen wurde, das Bürgern von Staaten, die nicht zur Ecowas gehören, die Einreise in die drei AES-Staaten erleichtern soll.
Während sich die AES als eigenständiger regionaler Staatenblock etabliert, dürften Wahlen in den Mitgliedsstaaten weiter auf sich warten lassen. In allen drei Staaten hat sich das Militär zwischen 2020 und 2023 an die Macht geputscht und das offiziell mit grassierender Korruption der Vorgängerregierungen und Misserfolgen bei der Jihadistenbekämpfung begründet.
Vom 15. bis 19. Februar ist in der nigrischen Hauptstadt Niamey eine große Nationalkonferenz geplant, bei der eine Charta für den politischen Übergang von der Junta der Putschisten, die 2023 die Präsidialregierung gestürzt hatten, zu einer zukünftigen Zivilregierung entworfen werden soll. Zu der Konferenz geladen hat der General und Leiter der regierenden Militärjunta, Abdourahamane Tchiani. Insgesamt 674 Delegierte werden erwartet, darunter Juristen, frühere Minister, Vertreter lokaler Ältestenräte und Militärangehörige.
In den vergangenen Wochen und Monaten verstärkte die Militärregierung im Niger vor allem die Überwachung von Nichtregierungsorganisationen.
Ob dabei ein Termin für Wahlen festgelegt wird, ist unklar. Um Richtungsentscheidungen für das Land zu treffen, dürfte der ohnehin recht kurzfristig anberaumte Kongress mit seinen vier Tagen Dauer jedenfalls erheblich zu knapp bemessen sein.
In den vergangenen Wochen und Monaten verstärkte Nigers Militärjunta vor allem die Überwachung von Nichtregierungsorganisationen. Vergangene Woche forderte sie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, das sich um Binnenflüchtlinge kümmert, die vor jihadistischer Gewalt und anderen Konflikten geflohen sind, ultimativ zum Verlassen des Landes auf. In den Vormonaten war bereits einer französischen NGO für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe sowie der nigrischen Hilfsorganisation Action pour le bien-être die Arbeit untersagt worden. Schließlich verkündete das Innenministerium am Freitag voriger Woche die Einrichtung eines »technischen Ausschusses«, der die Aktivitäten der NGOs überwachen und kontrollieren soll.
Verhaftung des bekannten Menschenrechtlers Moussa Tchangari
Zuletzt hatte die Verhaftung des bekannten Menschenrechtlers Moussa Tchangari national und international für Kritik gesorgt. Der Generalsekretär der Nichtregierungsorganisation Alternatives Espaces Citoyens wurde am 3. Dezember von maskierten und bewaffneten Männern zunächst an einen unbekannten Ort verschleppt, bevor er laut Amnesty International zwei Tage später bei einer Zentralstelle für Terrorismusbekämpfung landete. Nun sitzt er im Gefängnis und wird wegen Befürwortung des Terrorismus angeklagt.
Im Nachbarstaat Mali hingegen regt sich der Widerstand der Gewerkschaften. Am 27. Januar streikten die Hochschulbediensteten, deren Forschungsprämien seit Monaten nicht ausbezahlt worden waren, für zunächst eine Woche, dann wurde der Streik bis zum 8. Februar verlängert. An den Universitäten und Medizinhochschulen in Bamako, Ségou und an anderen Standorten blieben die Hörsäle leer. Die Regierung zeigte den Bildungsgewerkschaften Snesup und Secma jedoch die kalte Schulter. Ihre Vertreter wurden nicht vom Kabinett empfangen, und eine zu Beginn des Arbeitskampfs angekündigte Pressekonferenz musste auf Druck der Behörden abgesagt werden. Auf die Forderungen der Streikenden ging die Militärjunta nicht ein.
Von der Militärregierung immer wieder aufgeschobenen Wahltermine
Auch in Mali stellt sich die Frage, wann es endlich Wahlen geben soll – viereinhalb Jahre nach dem Militärputsch vom August 2020, dem 2021 ein Putsch im Putsch folgte. Zwar stellte der als Übergangspräsident Malis firmierende Offizier Assimi Goïta am 27. November 2024 für das Jahr 2025 Präsidentschaftswahlen in Aussicht, nannte jedoch kein konkretes Datum. Und einiges spricht dafür, dass er sich als Kandidat aufstellen lassen will und dafür sorgen könnte, dass bei den Wahlen alles auf ihn zuläuft.
In den sozialen Medien macht man sich derweil über die von der Militärregierung immer wieder aufgeschobenen Wahltermine lustig. Man möge »keine Wahlen vor 2030« abhalten, heißt es in einem dem Ältestenrat der Stadt Ségou zugeschriebenen Videoposting, oder gar frühestens 2050, wie sich eine Frau in einer anderen Nachricht äußerte, und stattdessen lieber Goïta, den Retter der Nation, behalten.