02.01.2025
Was Punks und Hunde gemeinsam haben

No future for the dogs

Die kleine Coco, die Hund und Punk zugleich ist, lebt ganz im Hier und Jetzt.

Spießer haben Kinder, Punks haben Hunde, sagte mal jemand; ich glaube, ich war es selbst, und ich meinte seinerzeit, dass ein Punk sich von einem Spießer vor allem dadurch unterscheide, dass er sein ­Leben nicht aus dem Hier und Jetzt in die Zukunft verlagere. Mit Kindern schafft man Zukunft, sprich Sorgen, die man ohne sie nicht hätte.

Hunde hingegen sind nicht »die Zukunft«, wie es hinsichtlich der Kinder heißt, sie sind einfach nur Gegenwart. Sie buchen nicht jetzt gerade ihren Sommerurlaub, weil bald alle Angebote weg sein könnten, und die Höhe des Meeresspiegels in 100 Jahren ist ihnen vollkommen schnuppe. Hunde tun heute das, was sie auch gestern taten und morgen tun werden: Sie fressen, verdauen und sozialisieren plan- und absichtslos.

Zukunft ist etwas für Leute, die keine Gegenwart haben und nichts, worauf sie zurückschauen können.

Und doch fehlt es ihnen dabei an nichts. Denn das bedeutet nicht, dass sie sich nicht entwickeln, doch, doch: Sie bauen Bindungen auf und werden mit dem Alter erfahrener und gelassener, wie manche Menschen auch. Und Hunde können selbstverständlich auch riesigen Spaß oder Ärger verspüren. Doch den empfinden sie eben genau jetzt wegen diesem Jetzt, und nicht weil im März die Dividende ausgezahlt werden wird.

Zukunft ist etwas für Leute, die keine Gegenwart haben und nichts, worauf sie zurückschauen können. Ich meine damit nicht, dass uns die Zukunft egal sein kann. Immerhin werden einige von uns, ja, sagen wir es ruhig so: von uns Lebewesen sie erleben. Das allein genügt als Grund. Die Zukunft kommt, das ist gewiss; doch ob für uns selbst, das können wir nicht wissen. Drum lebt die kleine Coco, die Hund und Punk zugleich ist, so ganz im Hier und Jetzt und verschwendet keine Gedanken daran, was im neuen Jahr oder nach der Wahl oder gar nach dem Tod sein könnte.

Nun ja, so weit die Theorie, also meine jedenfalls, und ich denke, das dürfte auch wissenschaftlich halbwegs passen. Jedenfalls hinsichtlich des Menschen.

Beim Hund bin ich mir da nicht mehr so sicher. Tiere konstruieren keine Zukunftsszenarien, klar. Nicht einmal das Eichhörnchen handelt vorausschauend, wenn es seine Nüsse als Wintervorrat versteckt. Das Verhalten ist angeboren. So sagt man. Doch inzwischen gibt es viele Forschungen, die zeigen, dass die ko­gnitiven Fähigkeiten so mancher Tierarten drastisch­ ­unterschätzt werden.

Noch mehr kleine Punks

Und was vielleicht wichtiger ist: Auch Tiere setzen Kinder in die Welt, sprich, bauen auf die Zukunft. ­Eigentlich dreht sich bei nicht wenigen Arten ihr gesamtes Leben sogar ausschließlich um die Fortpflanzung, also die Arterhaltung.

Das Hier und Jetzt einer Eintagsfliege, die als erwachsenes Insekt 40 Minuten lang lebt und in dieser Zeit nicht einmal Nahrung zu sich nimmt, ist jedenfalls recht überschaubar. Coco pflanzt sich nicht fort. Hoffe ich jedenfalls. Sie ist nicht kastriert. Aber noch mehr kleine Punks vertrügen der Haushalt und meine Zukunft jedenfalls nicht.