Patriotischer Vermehrungsdruck
Während an der Front russische Männer und Frauen ihr Leben lassen, sollen in Russland wieder mehr Kinder geboren werden. Aber die Geburtenrate sinkt; in diesem Jahr kamen unter 146 Millionen Einwohner:innen nur rund 600.000 Kinder zur Welt, so wenige wie zuletzt im Krisenjahr 1999. Deshalb versucht der Staat auf eigentümliche Weise gegenzusteuern: In der vergangenen Woche sprachen sich die Duma-Abgeordneten einstimmig für das Verbot von Propaganda für Kinderlosigkeit aus. Bei Verstößen drohen Bürger:innen Geldbußen bis zu 1.000 Euro, für Amtspersonen und Organisationen liegen die Summen höher.
So wie viele gesetzliche Regelungen in Russland ist auch das Verbot sogenannter Propaganda für Kinderlosigkeit schwammig formuliert, was Willkür Tür und Tor öffnet. In dem verabschiedeten Gesetzestext ist die Rede von Informationsverbreitung und öffentlichen Handlungen, »die darauf abzielen, die Attraktivität der Kinderlosigkeit oder eine verzerrte Vorstellung von der sozialen Gleichwertigkeit von Elternschaft und Kinderlosigkeit zu vermitteln«. Inhaltliche Kriterien, anhand derer sich bestimmen ließe, welche Informationen unzulässig sind, fehlen gänzlich.
Selbst wertfreie Darstellungen von kinderlosen Partnerschaften könnten als Form der Propaganda gewertet werden. Aus der Werbung dürften Informationen über Schwangerschaftsverhütung verschwinden.
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